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Grasländer, Heiden und Steppen

Grasländer, Heiden und Steppen

Grasland, Heide und Steppe sind weitläufige, bisweilen endlos erscheinende Landschaften, in denen kleine Waldinseln oder schroff aufragende Felsen dem Auge nur selten eine Orientierungshilfe bieten. Kaum etwas gewährt Schutz, weder vor dem Wind, der in nördlichen Gefilden stetig bläst, oder der Sonne, die im Süden unbarmherzig vom Himmel brennt. Abgesehen von diesen Gemeinsamkeiten formen verschiedene klimatische Bedingungen auch unterschiedliche Ausprägungen des Geländetyps.

Nördliches Hochland (Strauchsteppe)
Thorwal & Gjalskerland, Die Steppen der Orks.

Namentlich: Orkschädelsteppe, Gjalsker Hochland, Firunswall, Rhorwed, Blutzinnen, Thaschberge, nördlicher Steineichenwald, Flanken der Großen Olochtai, Hjaldorberge, Graue Berge.

Umgeben von hohen Gebirgen gibt es im Norden Aventuriens einige von Strauchsteppen bestandene Hochländer. Es ist eine raue Landschaft, kalt, trocken und dennoch häufig nebelig. Wind weht beständig über die Landschaft, beugt Gras, Strauch und Baum gleichermaßen, schleift sogar Fels und Stein. Firunsatem, ein über Ifirns Ozean ins Land strömender Wind, ist im Norden das bestimmende Element. Im Nordwesten wird er hin und wieder von Nuianna abgelöst, der auch Nebelbringer genannt wird und in südöstlicher Richtung weht. Die Winter in der Strauchsteppe sind lang, schneereich und eiskalt, die sehr kurzen Sommer trocken und – legt sich der Wind doch einmal – heiß.

Nur wenige Bäume gedeihen in diesem extremen Klima. Lärchen, sommergrüne und mithin blattabwerfende Nadelbäume, bilden bisweilen größere Waldinseln. Ihre kurzen hellgrünen Nadeln wachsen in Büscheln, die sich im Herbst gelb färben. Im zeitigen Frühjahr bilden sie purpurne Blütenkerzen aus, ihre Zapfen sind klein und grau. Sie gehören derselben Familie an wie die recht anspruchslose Kiefer, einer der artenreichsten Bäume und zudem Firun heilig. In Grasländern sind überwiegend Krüppelkiefer und Birke vertreten.

Wehrhafte Sträucher sind häufig in Grassteppen und trotzen, bewehrt mit Stacheln und Dornen, den Pflanzenfressern, allen voran der Blutdorn, eine Abart der Barbaritze mit rotem Laub und gelben Beeren. Der Weißdorn bildet gerne Hecken, wird etwa fünf Schritt hoch, hat eine weißgraue Rinde und lange Dornen entlang seiner Äste. Im Ingerimm zeigt er hübsche weiße Blüten mit blutroten Staubgefäßen, später kleine rote Mehlbeeren. Frisch geschnitten haftet seinem Holz ein unangenehmer Geruch an, der gegen Vampire Wunder bewirken soll. Bis zu zehn Schritt hoch wird der Wacholder (Krammetbeere), dessen gelbe und grüne Nadeln sehr spitz sind. Ginster ist ein niedriger, bisweilen kriechender Strauch, der im Frühjahr über und über mit prachtvollen gelben Schmetterlingsblüten besetzt ist, die in der Färberei sehr beliebt sind. Die Früchte reifen zu Hülsen aus und schleudern ihre Samen laut knackend fort. Noch kleiner als der Ginster ist die, mit der Heidelbeere verwandte, Moorbeere (Rausch— oder Krähenbeere) mit blaugrünem Laub und weniger schmackhaften roten oder schwarzen Beeren.

Gras ist in der Strauchsteppe die bestimmende Pflanze. Gerade im Orkland gedeiht das bis zu mannshohe und buschige weiße Ähren tragende Silbergras. Durch seine tiefen Wurzelausläufer überlebt es selbst Steppenbrände. An feuchteren Stellen gedeiht Klee recht üppig und auf Wiesen Habichtskraut, das dem Löwenzahn ähnelt. Trockene Stellen sind dem im Sommer ausdauernd blühenden Roten Heidekraut vorbehalten. Der Kleinstrauch wird hüfthoch, bildet enorme Bestände und ist im Sommer eine rechte Bienenweide. In seiner Gesellschaft fühlen sich auch Kugeldistel und Klette sehr wohl. Erstere ist gerade im Orkland weit verbreitet, wird bis zu brusthoch und verfügt über dicke, dornige Stängel sowie große, gezackte, an der Unterseite weiß-filzige Blätter. Im Hochsommer bildet sie eine menschenkopfgroße Kugelblüte aus, die aus zahllosen blau-weiß-violetten Kleinstblüten besteht. Die Klette ist ebenfalls eine Distelart und wird ähnlich hoch wie vorgenannte. Allerdings bildet sie eine Vielzahl violetter Blütenköpfe aus, die im Spätsommer zu Daumennagel großen Früchten reifen, deren zahllose Widerhaken sich in allem verfangen, was ihnen zu nahe kommt.

Nördliche Grasländer und Steppen
Thorwal & Gjalskerland, Die Steppen der Orks, Die Wälder des Nordens, Der Hohe Norden.

Namentlich: Thorwal (offenes Land), Olportsteine, Messergrassteppe (Svellttal: offenes Land), Einhorngras, Alderhaag (Riva), Grüne Ebene, Goblinda (Gerasim), Brydia–Steppe sowie alle weiteren Steppen südlich der Linie Riva–Paavi und nördlich der Linie Salza–Vallusa.

Nördliche Grasländer und Steppen ähneln der Strauchsteppe, allein die tiefere Lage lässt sie nicht ganz so unwirtlich daherkommen. Auch hier ist der Wind – wiederum Firunsatem und Nuianna – bestimmend und weht beständig. Die Sommer sind in den Steppenlanden trocken, die Winter eiskalt, die Landschaft ist flach und je nach Jahreszeit mit gelbem oder grünem Gras bestanden. Außer in der trockenen Messergrassteppe sind Gewässer, an deren Säumen Kräuter, Blumen und Sträucher wachsen, hier häufig. Die seltenen Bäume ducken sich in der Regel zu kleinen Dickungen zusammen oder gleich in Geländevertiefungen, welche gerade Fichten schätzen. Daneben kommen vor allem Birken und die eng mit ihnen verwandten Erlen vor. Letztere stehen häufig auf sogenannten Erlenbrüchen, wie der feuchte Boden neben Gewässern dann genannt wird. In Steppenlandschaften sind vor allem Eslamserlen (Grau-Erle) verbreitet, sie sind meist mehrstämmig und können in Einzelfällen an die 25 Schritt hoch werden. Ihre Blätter sind am Rand gesägt und dunkelgrün. Charakteristisch für die Erle sind die eiförmigen weiblichen Früchte, die nach ihrer Reife als kleine schwarze Zäpfchen an den Ästen hängen. Um die wenigen Bäume gedeiht selten ein Gehölzrand, gebildet vornehmlich aus Hartriegel, einem Strauch mit charakteristischen, zur Spitze gebogenen Blattadern und köpfchenförmigen weißen Blüten. Seine harten, blutroten Zweige eignen sich gut für Flechtarbeiten.

Nördliche Grasländer und Steppen

Der Schwingel bevorzugt trockene Wiesen und gedeiht auch auf Heiden und sogar Felsen. Pferde und auch Rinder fressen das hüfthohe Gras mit seinen schmalen Blättern und verzweigten, zarten Rispen gerne. Wogende, großflächige Bestände bildet der im Norden heimische Windhalm. Seine grünen Rispen werden gut schritthoch und reifen im Sommer gelb aus. In seiner Umgebung duldet der Windhalm keine Konkurrenz. Seine weit verzweigten Wurzeln verdrängen Baum und Strauch, weswegen es in Kulturlandschaften benutzt wird, um Weiden und Felder anzulegen. Das Einhorngras ist eine Abart des Silbergrases und gedeiht vor allem auf der gleichnamigen Steppe zwischen Tjolmar und Kvirasim. Schon im Tsamond bühlt der Weiße Krokus, später folgen der Gelbe und der giftige Violette Krokus. Bricht der Frühling herein, ist die Steppe bunt, denn die Butterblume (Hahnenfuß, Ranunkel) hat ein Dutzend Arten mit weißen, rötlichen, knolligen, schlichten, sogar auf der Haut brennenden Blüten. Häufig kommt auch die Schafgarbe vor, deren große weiße Blütendolde getrocknet als weitverbreitetes Mittel gegen den Darmfraisch (Flinker Difar) gilt. Bocksbart ist ein ausdauernder Blüher. Seine gelben Blüten ähneln denen des Löwenzahns, die lanzettigen, glatten Blätter erinnern hingegen an Gras. Einmal verblüht, ragen die welken Blütenblätter gleich einem Ziegenbart aus der ehemaligen Blüte. Weniger verbreitet ist hingegen die Flockenblume. Sie hat fransige blaue, rote oder schwarze Blütenköpfchen. Bis zu einem Schritt hoch wird die Malve (Elfenspiegel), eine Staude mit behaarten Blättern und großen, duftenden Blütentrichtern in rosa, weiß und karmesinrot. Es heißt, sie zeige die Nähe von Feentoren an. Weniger auffällig, aber allgegenwärtig, vor allem an Wegrändern, sind Taubnesseln mit ihren mäulchenartigen Lippenblüten. Heiler schätzen die getrocknete Pflanze als Schlaftee. Überall gedeiht die Große Kratzdistel. Je nach Art und Standort wird sie von zwei Spann bis zu zwei Schritt hoch, ihre Blätter sind dornartig und stark verzweigt. Die Blüten sind violette, borstige Köpfe und ihre Wurzeln reichen bis zu drei Schritt tief in den Boden – in gutem Ackerland ein wahres und vor allem wiederkehrendes Übel. Neben Ginster gedeiht in Grasländern auch die Heidelbeere. Weniger beliebt als Letztere ist die Barbaritze (Sauerdorn). Sie hat kleine grüne, bisweilen auch rote Blätter, an denen bis zu drei sehr spitze Dornen stehen. Die gelben, in Dolden wachsenden Blüten reifen zu länglichen roten Beeren heran, die sehr sauer schmecken. Die Annahme, nur Barbaren würden diese Früchte munden, bescherte dem Strauch seinen Namen.

Mittelländische Grasländer und Steppen
Die Streitenden Königreiche, Das Mittelreich, Das Horasreich, Die Lande der Tulamiden, Aranien.

Namentlich: offenes Land südlich der Linie Salza– Vallusa und nördlich der Linie Neetha– Zorgan, Inseln wie Rulat, Efferdstränen und Zyklopeninseln sowie verbliebene wilde Grasländer in Mittel— und Horasreich.

Grünes, häufig hügeliges Land ist charakteristisch für mittelländische Grasländer. Der größte Teil dieses Landschaftsraums ist inzwischen insbesondere von Menschenhand geprägtes Kulturland. Hecken fassen Äcker und Weiden ein, Straßen durchschneiden Heiden und Dörfer schmiegen sich an Wasserläufe oder besetzen Hügelkuppen. Die Erde ist fruchtbar und wird intensiv genutzt. Im Norden ist sie von überwiegend schwarzer, im Süden von rotbrauner Farbe. Ausgedehnte Heideflächen liegen meist in Hochländern oder auf Inseln. Ödland findet sich vor allem in verseuchten Landstrichen wie der Dämonenbrache.

Wind weht auch hier, doch herrscht im Großteil dieses Geländetyps ein mäßiges Klima mit warmen bis heißen Sommern und kalten sowie schneereichen Wintern. Im Westen bläst der mäßige Beleman, im Osten die kräftige Tobrische Brise und im Norden tobt vor allem im Herbst der stürmische Augrimmer.

Weit verbreitete Gräser sind auf trockenen Böden der Schwingel, auf feuchten der Fuchsschwanz, der Kulturlandschaften im Horasiat ebenso prägt wie im Mittelreich und Aranien. Er wird über einen Schritt hoch und bildet dichte und zylindrische Ähren. Bauern schätzen ihn als nahrhafte Futterpflanze und bringen ihn als Heu ein. Die ausdauernde Flatterbinse bevorzugt ebenfalls einen feuchten Standort. Sie wird bis zu brusthoch und bildet starre, aufrecht aus Horsten wachsende Halme, die mit weißem Mark gefüllt sind. Botaniker ordnen das weit verbreitete Dommelgras (Reihergras) den Federgräsern zu. Sie bilden zahlreiche eng stehende Blütenähren aus, die von hellgrün im Frühling zu weißgelb im Sommer reifen und bedeutsam für die Weidewirtschaft sind. Klee ist ebenfalls eine wichtige Futterpflanze. Er bildet buschige Köpfchen und zudem eine beträchtliche Masse. Vor allem Rotklee wird als Grünfutter angepflanzt. Daneben gibt es noch Grün— und Goldklee, die beide gelb blühen, den buschig stehenden Hasenklee und den trittfesten, selbst auf Wegen gedeihenden Weißklee.

Wasserläufe— und Flächen sind stets von Röhricht, einem dichten Gürtel aus Binsen und Schilf, umgeben. Schilf kann bis zu anderthalb Schritt tief im Wasser stehen und in Ausnahmefällen bis zu 12 Schritt hoch werden. Seine Blätter sind feingesägt und schmerzhaft scharf. Es kommt in vielen Arten vor, besonders bekannt sind im Norden Firunsschilf und Weidener Dommelgras, im Süden Yaquir— und Lanzenschilf und vor allem das Gandelrohr an Binnenseen. Seine Blattspitzen werden als Gewürz geschätzt, während die übrige Pflanze getrocknet einen passablen Tabak ergibt, der sogar eine halluzinogene Wirkung haben kann. Ein kaum auszurottendes Unkraut ist die überall gedeihende Quecke. Lilien wachsen auf nassem, feuchtem, aber auch trockenem Grund, werden meist schritthoch und haben ausgeprägte Schwertblätter, allen voran die Schwertlilie (Rondrasaat), Rondras heilige Blume, deren Blüte rote Hänge— und weiße, lange Klingenblätter aufweist. Diese Blüte soll nach rondrianischer Mythologie den Sarstern an der Spitze des Sternbilds Schwert verkörpern. Weitere Sorten sind die rot-schwarze Rondraschwertlilie, die orange-rote, schwarz gepunktete Feuerlilie, die Buntfarbige Schwertlilie und die gelbe Sumpflilie. Auf Wiesen sprießen auch allerlei Blumen, allen voran Butterblume, Löwenzahn und immer wieder Disteln. Im zeitigen Frühling schmückt der gelbblühende Alveransschlüssel (Primel) ganze Lichtungen. Im Peraine erobert das weißblühende Wiesentraumkraut feuchtes Grasland. Sein betörender Duft ließ schon manchen arglosen Wanderer friedlich einschlafen und erst Tage später wieder erwachen. Von den Elfen haben die Menschen das Würzkraut Basiliskum übernommen. Es gedeiht in offenem Wiesenland, hat einen angenehmen, herben Geschmack und dient auch als Zutat für manches magische Elixier. Die Dolden des Bärenklaus (Bärentatze) blühen weiß. Er kann übermannshoch werden, verfügt über hohle, knotige Stängel, große, breitlappige Blätter und ist leicht giftig. Harmlos und weithin bekannt ist die Mondblume (Madarite), um deren gelben Kopf weiße Blütenblätter stehen. Im Sommer zeigen sich Nelken, deren zahlreiche Arten verschiedenfarbig blühen: karmesinrot oder weiß die Licht-, rosa die Pracht— und kleine Felsennelke, blutrot die Heide— und orange die Feuernelke. Das ganze Jahr über blüht das niedrige hellblaue Vergissmeinnicht. Auf mageren Wiesen schließlich gedeiht das lilablühende Knabenkraut, eine mittelländische Orchideenart. Landschaften mit sandigen und wechselfeuchten Böden werden vom Roten Heidekraut (Besenheide) geprägt. Berühmte Unterarten sind das purpurote Jasalinkraut der albernischen Heide und das blaue Hollerkraut, das rund um den Neunaugensee und in einigen Kalkgebirgen gedeiht. Allenthalben wuchert die Brennnessel mit ihren typisch gezackten Blättern und lästigen Brennhaaren, die Stängel und Blattunterseite zieren. Sie sondern bei Berührung ein leichtes Gift ab, das zu brennenden Hautrötungen bis hin zu Quaddeln führt. Es wächst überall, wo es nicht zu trocken wird, kann bis zu mannshoch werden, und ein Tee aus seinen Blättern gilt als harntreibend. In ähnlichen Lagen und an Gewässerufern wächst der Huflattich, eine spannhohe Pflanze mit gelben Blüten, deren Blätter Heiler sehr schätzen. Als Tee genossen wirken sie schleimlösend und bei Hustenreiz lindernd. Typisch für das yaquirisch— aranische und mithin heißere Klima ist die auf Weiden und Böschungen anzutreffende Golddistel. Sie wird kniehoch, blüht mehrköpfig und erscheint in stroh— bis goldgelb. Die verschiedenfarbigen Blüten des Gamander ähneln denen von Nessel und Salbei. Kniehohe, dicht stehende Büsche von flammend goldgelb-braunen, bisweilen violetten Blüten bildet die Famerlorsblüte (Goldlack). Es heißt, sie entstand aus den Schuppen Famerlors, die dieser beim Kampf gegen Pyrdacor verlor. Ähnlich blühfreudig ist die Flammenblume (Phlox). Sie blüht den ganzen Sommer in allen Farben außer Gelb. Vor allem in Garetien gedeiht die riesige Praiosblume (Praiossonne). Sie ist dem Götterfürsten heilig und gilt als Abbild des himmlischen Sonnenpalastes. Ihre Stängel werden bis zu drei Finger dick und drei Schritt hoch. Ihre zwei Spann durchmessende Scheibenblüte öffnet sich zum Jahresbeginn. Aus den zahlreichen Kernen wird Öl gepresst, das sowohl bei Götterdiensten verwendet wird als auch – ganz profan – zum Kochen.

Praiosblume

Sträucher der nördlichen Mittellande sind Ginster, Hartriegel, Weiß— und Schwarzdorn (Schlehdorn, Schlehe). Letzterer bildet ausladende Kronen in denen Vögel gerne nisten. Schon kurz nach der Schneeschmelze zeigt er kleine weiße Blüten, die zu blauen Früchten heranreifen. Sie sind jedoch erst nach einer anständigen Frostnacht genießbar. Heckenrosen bilden ausladende Sträucher, deren bogenartige, stachelige Triebe im Sommer über und über mit einfachen rosa Blüten und im Herbst mit stattlichen Hagebutten übersäht sind. Dornig sind auch andere Sträucher des Graslandes, allen voran Wacholder und Stechpalme. Letztere wird bis zu zehn Schritt hoch, hat dunkelgrüne, ledrige Blätter mit spitzen Stacheln, bildet kleine weiße Blüten und im Herbst schwach giftige rote Beeren. Im Übergang zu den südlichen Regionen des Mittellandes gedeiht der Hibiskus (Eibisch), ein bis zu sieben Schritt hoher Verwandter der Malve mit großen Blütenkelchen in Weiß, Rot, Blau oder Goldgelb. Auf felsigen, sonnigen Standorten wird der Flieder bis zu zehn, ansonsten zwei Schritt hoch. Er bildet stark duftende Blütendolden, deren Farbe den Namen des Strauches bestimmt: Weißer, Blauer oder Amethyster Flieder. Im Tulamidischen heißt er lilaq, woher im Garethi die Bezeichnung der Farbe Lila stammt. Yasmin ist ein Strauch, der in der tulamidischen Lyrik häufig besungen wird. Die weißen oder gelben Trichterblüten der Kletterpflanze stehen einzeln, ihre Ranken sind grün und die Blätter gefiedert. Typisch für die Zyklopeninseln ist der Lorbeer, ein immergrüner Strauch mit ledrigen, lanzenförmigen Blättern, die als Gewürz dienen. Seit bosparanischen Zeiten ist ein Lorbeerkranz die Auszeichnung für einen siegreichen Heerführer. Oleander (Rosenlorbeer) ist zwischen Bethana und Chorhop, Perricum und Tuzak ein weitverbreiteter Strauch, der bis zu acht Schritt hoch wird. Seine Blätter sind ledrig und lanzettförmig. Seine großen, in Dolden stehenden Blüten erstrahlen in Rosa, Gelb oder Weiß.

Bäume sind im Grasland eher selten. Am häufigsten kommen Ulme, Feldulme und Feldahorn vor. Ulmen (Rüster, Effe) zeichnen sich durch wechselständige, gefiederte Blätter, ausladende Kronen und eine graue Rinde aus. Sie sind Einzelgänger und können in günstigen Lagen bis zu 40 Schritt hoch werden. Ulmenholz – Rüster genannt – ist, wenn es langsam getrocknet wurde, sehr stoß— und druckfest. Langbögen werden daraus ebenso hergestellt, wie Armbrustschäfte, Räder und Speichen. Die Feldulme (Rotulme) bevorzugt Auwälder und bildet Ableger aus ihren Wurzeln, was zu regelrechten Ulmenhecken führt. Der Feldahorn ist typisch für das offene Land der nördlichen Mittellande und erreicht nur gelegentlich mehr als Strauchgröße.

Südliche Grasländer und Steppen
Das Mittelreich, Das Horasreich, Die Lande der Tulamiden, Aranien, Die Echsensümpfe, Die Stadtstaaten Meridianas, Altoum und die Waldinseln.

Namentlich: Mhanadistan, Aranischer Busch, Hochland der Elburischen Küste, Yalaiad, Shadif, Mengbillanische Hügel, Savanne (Südelemitische Halbinsel), Ilara-Senke (Charypso).

Der Übergang zwischen hügeligem Grasland und Strauchsteppe ist im Süden Aventuriens bisweilen fließend. Anders als im Norden wird das Leben nicht vom Wechsel zwischen Sommer und Winter bestimmt, sondern von den beiden Regenzeiten. Die Winterregenzeit im Tsa und Phex fällt mit der Schneeschmelze in den Gebirgen zusammen. Beides zusammen sorgt dafür, dass Flüsse und Bäche über ihre Ufer treten. Die Sommerregenzeit im Rondra und Efferd bringt Gewitterwolken tief ins Landesinnere. Niederschläge sind in beiden Regenzeiten mäßig bis stark. Kurz danach zeigt sich das Grasland grün und üppig bunt, nur um bald darauf schon wieder zu vertrocknen. Ein mäßiger, aus Nordosten wehender Wind namens Siral herrscht hier vor. Er ist gerade im Sommer gefürchtet, wenn er die gelegentlichen Feuer zu einem wahren Inferno anfacht. Nur selten weht hingegen Raschtuls Atem aus der Khôm nach Ost-Nordost. Er ist eher sanft, aber glühend heiß und führt zudem feinen Staub mit sich, der in jede Ritze dringt. Winter gibt es im Tiefland kaum.

Das Savannengras Mirhiban dominiert die trockenen Steppen des Südens. In feuchteren Lagen gedeiht Halfa (Seidengras), ein nur kniehohes gelbliches Gras mit dünnen Stängeln und schmiegsamen, langen Blättern. Die Tulamiden fertigen daraus weiches, nicht raschelndes Papier. Als meist liegender Halbstrauch wächst der Salbei (isd.: salbai, ‚Heimhelfer‘). Seine behaarten, würzig duftenden Blätter sind ölreich und werden gerne zum Zähneputzen benutzt, denn sie sind rau und schmecken angenehm. Tee oder Sud aus den Blättern wirken entzündungshemmend, sowohl bei Halsschmerzen als auch bei verschmutzten Wunden. Im Frühling und Sommer bildet der Salbei auffällige violette Lippenblüten. Bekannte Unterarten sind Scharlach-, Purpur-, Wiesen— und Gelber Salbei. Die Aralie ist ein Strauch mit großen, ein— bis vierfach gefiederten Blättern, die je nach Art leicht bis stark behaart sind. Sie trägt Dolden aus zahllosen winzigen Blüten, die in kleinen schwarzen Beeren ausreifen. Zikaden sitzen gerne auf Aralienblättern, um zu musizieren. An Flussläufen wächst die anderthalb Schritt große und mit langen Stängelblättern versehene Gadanglilie. Sie trägt bis zu zwanzig Blütenkelche, die üblicherweise weiß, bisweilen auch zartrosa oder -gelb sind. Lilien, Flammenblume und Gamander sind auch in den Grasländern des Südens beheimatet. Gelbes Feuerkraut, ein Verwandter des Eisenkrauts, ist so zäh, dass es auch das aranische Lauffeuer übersteht. Es wird vier Spann hoch und hat buschig abstehende Blütenstände aus kleinen, rot-gelb getupften Blümchen. Die ganze Pflanze lässt sich zu einem scharfen Gewürz verarbeiten, das eine Zutat für Gewandtheitsund Berserkerelixier ist. Neben der Golddistel ist die Eselsdistel in südlichen Grasländern verbreitet. Sie wird schritt— bis brusthoch und ihre nahe dem Blütenkopf angesetzten großen Blätter sind zwar kratzig, aber so weich, dass Kamele und Esel sie gerne fressen. Zweimal jährlich blüht sie safrangelb. Ein Kennzeichen der trockenen Steppen ist die Steppenhexe (Steppenroller), ein etwa schrittgroßer kugeliger Busch, der aufgrund seiner vertrockneten Erscheinungsform kaum auffällt. Kurz nach den Regenzeiten löst er jedoch seine Wurzeln und lässt sich vom Wind umhertreiben, wobei er seine Samen verteilt. Innerhalb weniger Wochen gehen diese Samen auf und bilden weiße Trichterblüten, aber fast kein Laub. Aus den Blüten entstehen die Samenkapseln, während der restliche Busch verdorrt. Wermut ist eine ausdauernde krautige Pflanze mit grau befilzten Blättern und gelben Blüten. Im Szintotal wird ein starker Schnaps– der Abszinto – daraus gebrannt.

Die Pflanzen feuchter Lagen fallen auch im Süden farbenfroh aus. Die Terabate (tul.: terech beth, ‚fruchtbares Mädchen‘) wird von einer herrlichen Korbblüte gekrönt, deren nadelförmige Blütenblätter in alle Richtungen abstehen. Sie ist meist zinnoberrot oder weiß. Hüfthoch wird die Diademblume (Miralinthe), die an Flussläufen wächst. Sie hat vielfach gefiederte Blätter und große, weinrote Seerosenblüten mit weißen Fruchtknoten. Die Orgalêe (Lampionblüte) wird schritthoch. Ihr Stängel ist kantig und trägt zwei große, löffelartige Blätter. Auffällig sind die lilienartigen goldgelben, von roten Adern durchzogenen Blüten. Sie hängen bauchabwärts, und immer wieder fangen sich Leuchtkäfer darin, welche die zarte Blüte dann von innen erleuchten, woher ihr Zweitname rührt. Auch der krautige Akanthus erfreut sich bei Käfern einer gewissen Beliebtheit. Seine glänzenden, auffällig gebuchteten und mit hellen Adern durchzogenen Blätter bieten ihnen eine Heimstatt. Große rosafarbene Blütendolden und später kleine rote Früchte zieren ihn. In schattigen Lagen gedeihen verschiedene Farne.

Weit verbreitete Sträucher sind Ginster, Hibiskus, Stechpalme, Flieder und Yasmin. Von hervorgehobener Bedeutung ist die Wilde Rose (tul.: azila), denn sie hat im Land der Tulamiden und Novadis hohe Symbolkraft. Ihre Fähigkeit, sich an Felsen festzukrallen, gilt den Ferkinas als Beispiel für ein wehrhaftes Leben, ihr undurchdringliches Gewirr aus Dornen und Blüten den Tulamiden als Gleichnis für das Leben selbst, und ihre Widerstandsfähigkeit und Schönheit als Abbild des novadischen Charakters. Überall, nicht nur im fruchtbaren Flussland, sondern auch in den Randgebieten der Khôm, ja sogar in Steinwüsten, wächst die verehrte Stammmutter aller Rosen. Die meiste Zeit unscheinbar, erblüht sie in der Regenzeit binnen kurzer Zeit. Ihre bis zu fünf Schritt langen, stachelbewehrten Triebe tragen dann hellrote Blüten. In fruchtbaren Lagen blüht sie beinahe ganzjährig. Ähnlich verbreitet ist die Akazie. Sie kommt überall als dorniger Busch, Strauch oder Baum vor. Ihre Blätter sind lanzettförmig, die gelben oder weißen Blüten erscheinen als kleine Köpfchen oder als Dolden, ihre Früchte sind hülsenförmig. Allen Arten gemein sind die bis zu drei Finger langen Stacheln, an denen Neuntöter und Käferspießer gerne ihre Beute aufhängen. Die Azalee (Wunderblume) bildet bis zu vier Schritt hohe Büsche mit eiförmigen, ledrigen Blättern und duftenden Trauben von roten Sicheldorn seine Gefährlichkeit weithin, denn seine Zweige strotzen nur vor dunklen Dornen, zwischen denen kleine, harte Lanzettblätter wachsen. Größe und Form der Dornen erinnern an Bärenklauen, die Blüten sind unscheinbar und bilden ungenießbare schwarze Beeren. Leomarswacht (Hennastrauch) ist ein bis zu vier Schritt hoher Strauch, der im Sommer rispige blutrote Blütenstände bildet. Der Legende zufolge wächst der Strauch überall dort, wo der Heilige Leomar Blut vergossen hat. Werden seine pfeilförmigen Blätter verletzt, beginnen sie rot zu bluten. Der Saft kann zu einem Farbstoff verarbeitet werden, mit dem Wolle und Seide orange, Haare rot und Nägel rostrot gefärbt werden. Immergrüne ledrige Blätter kennzeichnen die Kamelie mit ihren großen weißen oder roten Blüten. Ihre holzigen Kapselfrüchte enthalten ölhaltige Samen. Am Gadang ist es Brauch, siegreiche Qai’Ahjan-Rennkamele mit Kamelienblüten zu schmücken. Feuerdorn ist der südliche Verwandte des Sanddorns und wächst vornehmlich in Strandnähe.

Eine mehrjährige Kletterpflanze mit holzigem Stamm und Haftwurzeln ist der Pfefferstrauch. Er hat kleine, hart trocknende Früchte, die als Gewürz in ganz Aventurien bekannt und begehrt sind. Zahlreiche Sorten, wie milder aranischer oder blumiger Khunchomer Pfeffer werden bis weit in den Norden gehandelt. Ebenfalls eine Kletterpflanze ist die Feuerbohne. Sie rankt sich linkswindend bis zu vier Schritt empor. Während ihre Blätter verkümmern, erstrahlen die Blüten in weiß oder blau, und die Bohnen kommen violett und schwarz gefleckt daher. Zwischen Bäumen und Felsen, an Hauswänden oder in Schluchten wuchert die Kletterrose zu regelrechten Dornichten heran. Finden ihre bis zu sechs Schritt langen Triebe jedoch keinen Halt, verkümmern sie. Die häufigste Sorte ist die Gelbe Kletterrose.

Die Agave ist eine Kaktee mit büschelartig aufragenden, dickfleischigen Blättern und dunklen Dornen. Sie bildet rote Lilienblüten und hat eine dicke Stammwurzel. Mit ihr verwandt ist die Palmlilie (Yucca), deren lange, lanzettige Blätter ledrig sind und einen Sägerand haben.

Bäume treten auch in südlichen Grasländern eher vereinzelt auf. Häufig kommt die Zwergpalme vor, und auch die Tamariske gedeiht hier. Der Granatapfelbaum ist am unteren Mhanadi häufig, ansonsten selten. Er liebt freies Land, wird etwa zehn Schritt hoch, bildet krumme Äste und ledrige Lanzettblätter. Zweimal jährlich blüht er gelb oder rot. Seine rahjaroten Früchte haben mit Äpfeln wenig gemein, denn sie sind mit einer Vielzahl kleiner, von tiefrotem Fruchtfleisch ummantelter Kerne gefüllt. Aus ihnen wird ein im Tulamidischen beliebter Saft gepresst. Weit verbreitet ist der Maulbeerbaum. Typisch für das südliche Klima ist die Goldpinie (Pinie), die in Aranien große Haine bildet. Sie kann bis zu 25 Schritt hoch werden, hat eine flache Krone, schuppige gelb-rote Rinde und paarweise stehende dunkelgrüne Nadeln. Ihre breit gespreizten Zapfen enthalten schmackhafte Samen namens Pinolien.