Hoher Norden
Kälte, Eis und Schnee bestimmen die Landschaften des Hohen Nordens. Was beim Ewigen Eis offensichtlich ist, trifft jedoch auch auf Tundra und Taiga zu. Ersteres mag im Sommer wie gewöhnliches Grasland wirken, Letzteres wie nördlicher Wald. Doch der permanent gefrorene Boden, der selbst im Sommer höchstens einen Schritt tief auftaut, schafft eigenständige Naturräume.
Ewiges Eis
Der Hohe Norden.Namentlich: Nebel— und Eiszinnen, Grimmfrostöde, nördliches Ehernes Schwert, Yeti-Land und nördlich davon.
Im äußersten Norden Aventuriens gibt es kein pflanzliches Leben. Bestimmt von durchdringender Kälte ist die Gegend selbst für die größten Überlebenskünstler zu unwirtlich. Das Eis ist häufig meterdick, und wo es sich doch einmal öffnet, ist die Landkartenflechte die einzige Form von Vegetation, der es gelegentlich gelingt, zu überdauern. In Form von gelben, weißen, braunen, selten auch schwarzen Flechten krallt sie sich an Felsen und wird dabei kaum messerdick, lebt aber mehrere hundert Jahre lang.
Tundra
Der Hohe Norden, Die Wälder des Nordens, Die Steppen der Orks, Thorwal & Gjalskerland.Namentlich: Tief— und Hügelländer nördlich von Oblomon, Frisund und Letta, die Küste der Grimmfrostöde, Bäreninseln, einzelne Täler des Yetilands.
Baumlos, flach, bisweilen auch hügelig und von kriechender Vegetation geprägt, das ist die Tundra. Sie ist vor allem vom Dauerfrostboden bestimmt, denn selbst im kurzen Sommer taut der Grund nur bis kurz unter die Oberfläche auf. Häufig durchschneiden flache Gewässer das Land, welches im Sommer zu großen Teilen überschwemmt ist, weil das Schmelzwasser nicht abfließen kann.

Allein Moose und Flechten, Gräser und Krüppel— wie Zwergbäume gedeihen in diesem rauen Klima. Nur im Praiosmond gleicht die Tundra einem farbenfrohen Teppich, wenn die wenigen Pflanzen um die Wette blühen, darunter auch der weiße Schnee-Enzian. Eislandmoos ist eine niedrige Flechte mit geweihartigen, graubis weißgrünen starren Ästchen. Nivesen schätzen es als Arzneipflanze, die als Tee gegen Reizungen beinahe jeder Art hilft. Karenflechte wächst zwar strauchförmig, schmiegt sich aber an den Boden. Die kleinen Stämme sind grauweiß, reich verzweigt und dienen Karenen insbesondere im Winter als wichtige Nahrungsquelle. Typisch für die Tundra ist das niedrige Wollgras, das auch in Moorböden gut gedeiht. Im Winter ist es gelb und verdorrt und blüht nur während der Überschwemmungsphasen im Sommer. Der Name des Sauergrases kommt von den watteartigen weißen Blütenbäuschen, die schon im Perainemond erscheinen und im Rahjamond büschelweise über die Tundra fliegen. Andernorts unscheinbar, ist das Wirselkraut in der Tundra eine der höher wachsenden Pflanzen.
Einzelgängerisch, krumm, zerzaust und selten einmal höher als fünf Schritt, ist die Krüppelkiefer auch in der Tundra ein ausdauernder Baum. Ihre dicke Borke ist rötlich, die Äste setzen weit oben am Stamm an, ihre dunkelgrünen Nadeln stehen paarweise, und die seltenen Zapfen sind klein und grau. Ähnlich verwachsen kommt die seltene Krummeiche daher. Der sehr langsam wachsende Baum hat eine dicke Korkrinde und eine ausladende, häufig schiefe Krone. Hindernisse umwächst die Eiche einfach und bildet nur alle hundert Jahre Eicheln aus. Sie ist eher klein, aber überaus langlebig, und so mag ein nur vier Schritt hoher Baum über 500 Jahre alt sein. Zäh ist auch die Knorrweide, die, wie auch die Zwergbirke, gerne an Gewässerrändern wächst. Unverwüstlich scheint der Sturmkriecher, ein niedriger und knorriger Strauch, der im Winter zu Säulen aus Eis erstarrt und doch jedes Frühjahr aufs Neue austreibt.
Taiga
Der Hohe Norden, Die Wälder des Nordens, Die Steppen der Orks, Thorwal & Gjalskerland.Namentlich: Wälder nördlich der Salamandersteine, am Kvill und am Oblomon, Waldflecken im Alderhaag (Riva), der Grünen Ebene und des nördlichen Nornja.
Taiga nennen die Nivesen die Waldflecken und Wälder des Hohen Nordens. Die nördliche, an die Tundra anschließende Taiga ist geprägt vom Permafrostboden, die südliche hingegen ist trocken. Entlang von Flüssen, wie dem Kvill, herrscht feuchter Auwald mit recht großem Pflanzenaufkommen vor. Rund um den Oblomon dominiert hingegen Nadelurwald, der im Süden trocken und im Übergang zur Tundra feucht ist. Zahllose flache, von Kiesstreifen eingefasste Bäche und Flüsse durchziehen das Land, und zur Schneeschmelze verwandeln sie sich in reißende Ströme, die kaum passierbar sind. Auch sonst ist die Taiga größtenteils undurchdringlich. Dichte Tannichte, umgestürzte Bäume, im Sommer Versumpfungen sowie Überschwemmungen erschweren ein Durchkommen. Das Klima ist mäßig feucht und häufig nebelig. Wenn die Taiga Anfang Rondra beinahe über Nacht ergrünt, sprechen die Nordländer vom farbenfrohen, mäßig warmen Elfensommer. Der Winter hingegen ist lang und eiskalt.
Für die Taiga typische Bäume sind die anspruchslose Birke und die sommergrüne Lärche, die überall eigene Wälder bilden. Birkenwälder sind weitläufig, denn die Bäume benötigen viel Licht und bevorzugen daher einen weiten Stand. Charakteristisch für die Birke ist ihre in der Jugend weiße, mit zunehmendem Alter aber schwarze Borke. Sie wächst schnell und kann eine Höhe von 30 Schritt erreichen. Die Völker des Nordens schätzen die Birke sehr, Nivesen fertigen aus ihrer Rinde Jurten, Kajaks und Kleidung, während sie bei den Thorwalern als traditioneller Verlobungsbaum gilt. In ihrer Gesellschaft gedeiht die Hasel, ein bis zu vier Schritt großer Strauch, dessen junge Zweige rot behaart sind und überwiegend gerade heranwachsen. Daher sind Haselstecken wohl auch die erste Waffe aller nordaventurischen Kinder – seien es Elfen, Goblins oder Menschen. Die Nüsse der Hasel sind im Praios reif, gelten als bedeutendste Nusssorte Nordaventuriens und werden von Tier und Humanoiden gleichermaßen geschätzt. Der Boden dieser luftigen Wälder ist meist flächendeckend mit den niedrig wachsenden Zwergsträuchern der Heidelbeere (Blaubeere) bedeckt. Sie hat im Sommer grüne, im Herbst tiefrote kleine Blätter und bildet kleine weiße Glockenblumen aus. Ihre stark färbenden blauen Beeren sind allseits beliebt, werden frisch oder getrocknet verzehrt, aber auch als Färbemittel eingesetzt. Wo die Blaubeeren eine Lücke lassen, wächst die kniehohe Goldnessel mit ihren typisch gefransten Blättern und prächtigen, mündchenartigen Blüten. Elfen lieben es, den Nektar aus den reifen Blüten zu saugen. Das brusthohe Reihergras bevorzugt einen feuchten Standort und ist eine Abart der Flatterbinse. Deutlich niedriger und an Wasserläufen wächst die Butterblume. Abseits von Gewässern auf trockenem Grund gedeiht die Klette.
Im Nadelurwald herrscht die Blautanne (Hexen-, Edel-, oder Silbertanne). Sie kann über 70 Schritt hoch und an die 400 Jahre alt werden. Ihre Nadeln sind blaugrün, die Zapfen stehen aufrecht auf den Ästen und werden bis zu einen Spann lang. Das weiche, weißliche Holz der Blautanne gilt als das hochwertigste aller Tannenhölzer. Wo die Tannen genug Licht durchlassen, berankt immergrüner Efeu alles, was seine Triebe erreichen. Wo er nichts zum Klettern findet, bildet er dichte Teppiche. Efeu hat dreilappige Blätter, bildet rispige gelbe Blüten und später ungenießbare schwarze Beeren. Eine giftige Abart ist das Efeuer. Der Schachtelhalm ist leicht an seiner sprossenartigen Quirlform zu erkennen und gedeiht gerne auf sonnigen Wiesen. Er wird auch ‚Zinnkraut’ genannt, denn die rauen Sommertriebe eignen sich gut, um Zinngeschirr zu polieren. Heiler bereiten einen Sud daraus, der gegen Gicht und Gliederreißen hilft. In seine Nähe wächst die Brombeere (rog.: brom; „aus kleinen Bröckchen zusammengesetzter Stein“), ein stachliger Waldstrauch, der dort, wo er nicht daran gehindert wird, undurchdringliche Hecken von bis zu drei Schritt Höhe bildet. Er blüht weiß, seine Blätter duften angenehm und helfen, als Tee genossen, gegen lästigen Husten. Das hüfthohe, dicke Ährenknäule bildende Knäuelgras gedeiht in Sonne wie Schatten und ist eine beliebte Futterpflanze. Waldmeister, verschiedene Farne, Waldmoos und das grüne Schratmoos sind niedrige Gewächse, die überall dort gedeihen, wo Licht auf den Waldboden trifft.