Kulturpflanzen Mittelaventuriens
Abgesehen von einigen wilden Gebirgen und ursprünglichen Wäldern zeichnet sich Mittelaventurien vornehmlich durch gezähmte Landschaften und gemäßigtes Klima aus. Bewirtschaftete Flächen dehnen sich hier häufig bis zum Horizont aus.
Getreide Mittelaventuriens
Vor allem im zentralen Mittelreich und in den Zwergenkönigreichen wird Gerste angebaut, denn sie verträgt weder Hitze noch Frost. Sofern das Wetter es zulässt, wird Gerste im Phex ausgesät, denn sie muss bis zum Saatfest am 1. Peraine im Boden sein, wenn die Ernte erfolgreich sein soll. Sobald sich, meist im Praios, die Ähren zu Boden neigen, werden sie geschnitten, denn auch bei der Ernte ist Gerste empfindlicher als andere Getreidearten. Trotz ihrer großen Empfindlichkeit, und obwohl aus ihr gebackenes Brot nicht nahrhaft ist, dafür aber schwer im Magen liegt, ist ihr Anbau lukrativ, denn zum Bierbrauen ist sie unerlässlich, was sie zu einem krisenfesten Handelsgut macht.
Der Weizen gilt allgemein als edelste aller Getreidearten, denn er ist sehr ergiebig und seine Körner liefern feines weißes Mehl. Alte Legenden erzählen, die heilige Familie Phraisop habe aus dem Güldenland peraineheiligen Wunderweizen mitgebracht und in Aventurien eingeführt.
Beim Wunderweizen verzweigt sich der Halm nahe der Spitze in drei bis zehn Ähren. Er trägt nicht nur ein Vielfaches an Körnern, sie sind auch besonders nahrhaft, weswegen Bauern diese sehr selten auftretenden Ähren meist weder dreschen noch mahlen, sondern sorgfältig trocknen. Bei der nachfolgenden Aussaat wird er als „Peraines Segenshand“ und in der Hoffnung ausgesät, er möge besonders hohen Ertrag bringen. Bislang ist es jedoch nicht gelungen, diese Sonderform nachzuzüchten.
Weizen wird meist als Winter-, seltener als Sommerweizen angebaut. Für einen kräftigen Austrieb im Frühjahr benötigt Winter— oder Jahresweizen Frost, und dank der längeren Reifezeit von Efferd bis Praios oder Rondra ist diese Art des Anbaus ertragreicher.
Sommerweizen wird erst nach dem Winter ausgesät und bereits im Praios geerntet. Außer in Aranien lohnt sich diese Art des Anbaus nicht, denn nur hier erlaubt die kurze Wachstumszeit eine weitere Aussaat mit einer zweiten Ernte im Firun.
Im westlichen Mittelreich und teilweise auch in Garetien wird Roggen angebaut. Aus allen drei Getreidearten fertigen die Bauern Mittelaventuriens nach Ende des Kornschnitts Erntekronen, die mit bunten Bändern und Blumen geschmückt und beim Erntefest feierlich zum nächsten Peraineschrein oder -tempel getragen werden. Ursprünglich wurden besonders große Garbenbündel geopfert, erst im Laufe der Zeit wurden daraus kunstvolle Kronen. Es wird erwartet, dass der oberste Perainegeweihte der Region oder die Lehensherrin die schönste davon prämiert. Diese wird dann bis zum nächsten Jahr im Tempel präsentiert, während die übrigen Kronen gedroschen und das Korn für Notzeiten eingelagert wird.
Obst & Gemüse Mittelaventuriens
Die Gemüse— und Obstgärten Mittelaventuriens unterscheiden sich – je nach Lage – nur wenig von jenen der angrenzenden Regionen. Zwiebeln, Rüben, Kartoffeln, Bohnen und Kohl werden ebenso angebaut wie in Nordaventurien.
Nur im Süden Garetiens lässt sich jedoch der Purpurkohl kultivieren, eine besondere, violette Sorte, die bessere Böden und mehr Düngung benötigt als normaler Kohl. Dafür ist er widerstandsfähig und seine festen Köpfe lassen sich gut einlagern. Wegen seines delikaten, süßlichen Geschmacks wird er besonders gerne zu Wildbret und Geflügel gereicht und ist darum besonders an den feinen Tafeln des Adels beliebt. Auch Alchimisten schätzen den Purpurkohl, dessen Sud durch einen Farbumschlag anzeigt, ob es sich bei einer unbekannten Flüssigkeit um eine Säure oder eine Lauge handelt.
Aus den Gärten der Mittellande kaum wegzudenken sind Erbsen, die mit den meisten Böden zurechtkommen.
Im Norden werden sie bereits im Herbst, weiter südlich jedoch erst nach dem Winter ausgesät. Im yaquirischen Klima der südlichen Mittellande gedeihen auch frostempfindliche Kürbisse.
Lauch wächst zwar auch in Nordaventurien, der Anbau in Mittelaventurien ist jedoch leichter und einträglicher, denn an die Beschaffenheit des Bodens stellt er kaum Ansprüche. Überhaupt ist die grün-weiße Pflanze wegen ihrer gesundheitsfördernden Wirkung ein Liebling Peraines. Rituelles Schlagen mit in Streifen geschnittenen Lauchstangen ist fester Bestandteil von Zeremonien ihrer Kirche und soll als symbolische Geißelung Krankheitsdämonen aus dem Leib eines Kranken vertreiben.
Auch in Mittelaventurien sind Beerensträucher feste Bestandteile von Gärten, und Birnbäume bilden hier regelrechte Haine. Ihre Früchte sind größer, saftiger und weicher als Wildbirnen und sie werden auch überregional gehandelt. Besonders bekannt ist die große, braune Rabenmundbirne aus der Rommilyser Mark und Garetien, sowie die hartschalige, aber zuckersüße Hutzelbirne aus den Zwergenkönigreichen.
Äpfel werden in Mittelaventurien, durchaus etwas großspurig, Tafeläpfel genannt, wohl um sie von den meist kleinen und herben Früchten des Nordens zu unterscheiden. Der Goldapfel des Lieblichen Feldes wird längst auch in den Hainen Garetiens und der Nordmarken angebaut und der feuerrote Koschapfel gilt vielen als Idealbild eines süßen und saftigen Apfels.
Neben den vorgenannten Obstsorten kommt in Mittelaventurien auch die Quitte häufig vor. Dies geht vor allem auf die Herrschaft Kaiser Valpos, genannt der Trinker, zurück, der in seiner Regierungszeit großflächige Anpflanzungen befahl. Er war ein besonderer Freund von Quittenschnaps, der nach ihm Valposella benannt wurde und nur stilecht ist, wenn er mit Eis aus den Eiszinnen genossen wird. Roh sind Quitten kaum genießbar, entwickeln gekocht aber einen feinen, charakteristischen Geschmack. Neben dem bekannten Schnaps werden sie vor allem zu Mus weiterverarbeitet, das zu Quittenbrot, einer beliebten Süßigkeit, eingekocht wird. Pflaumen stehen nur gelegentlich in den Obsthainen der Mittellande, auch Walnuss— und kultivierte Kirschbäume sind hier selten.
Häufiger sind praiosheilige Bosparanien (Edelkastanien) anzutreffen, große Laubbäume, die in Mittelaventurien in eigenen Hainen gezogen werden. Vor allem im Reichsforst kommt die Goldblättrige Kastanie, auch Elbenkastanie genannt, vor. Sie trägt das ganze Jahr über gelbes Laub. Im Efferdmond sind die einseitig abgeflachten Maronen reif. Die weißen und harten Kerne schmecken roh nussig, entwickeln geröstet oder gekocht aber eine angenehme Süße. Getrocknet und gemahlen kann sogar Brot aus Esskastanien gebacken werden.
In den südlichen Regionen Mittelaventuriens werden Weintrauben angebaut.
Zwerge & Pilze
Zwerge haben ein recht inniges Verhältnis zu Pilzen. In ihren Höhlen züchten sie sie gezielt, wie beispielsweise den Schummrigen Wandpilz in Wohnhöhlen, derweil der Helle Wandpilz Werkstätten erleuchtet und der Laternenpilz Fackeln ersetzt.
Auch die Angroschim schätzen und kultivieren den Shamahampion. Andere von ihnen angebaute Pilze und Flechten zeichnen sich oft durch mineralischen Geschmack aus, den nur wenige Nichtzwerge zu schätzen wissen. Arten wie Bittersalz-Breitling, Schwefelschwamm, Feuerrote Ferrit-Flechte, Nickeling, Quecksilber— Kruste und Bleizuckermoos bleiben daher meist ganz Angroschs Volk vorbehalten.
Andere Nutzpflanzen Mittelaventuriens
Auch in Mittelaventurien wird Flachs angebaut, Baumwolle hingegen vornehmlich in Garetien und in der Rommilyser Mark.
Hanf ist ein nördlicher Verwandter des Ilmenblatts und wächst in ganz Mittelaventurien. Die aus den Stängeln gewonnenen Bastfasern werden für die Herstellung von Papier, Seilen, Bindfäden und Webgarnen genutzt. Hanftuch ist überall verbreitet, denn es ist sehr belastbar, reißfest und gegenüber Nässe und Salzwasser unempfindlicher als Leinen.
Hopfen ist eine schnellwachsende einjährige, sechs bis acht Schritt hohe Kletterpflanze. Geerntet werden die kleinen, Zapfen ähnelnden Dolden. Ihr Harz ist sehr herb, sogar bitter, hält Insekten fern und macht Nahrung, vor allem aber Bier, haltbar. Der Ranker wird in sogenannten Hopfengärten gezogen, in denen er hohe Stangen, nicht selten auch entastete Baumstämme, emporklimmt. Hopfen verleiht Bier seinen charakteristischen herben Geschmack.
In Mittelaventurien werden die Färberpflanzen Krapp, Waid, Gelbkraut und Färberdistel angebaut. Galläpfel wachsen in Nord— wie Mittelaventurien an der Unterseite von Eichenblättern und können bis zum Herbst Kugeln von ein bis zwei Finger Durchmesser bilden. Aus den getrockneten Galläpfeln wird eine tiefdunkle, stark färbende Flüssigkeit gewonnen, die im Norden häufig echte Tinte ersetzt.
Früher als Ausschweifung roher Menschen verpönt, ist das Rauchen von Pfeifenkraut seit der Regentschaft der Kaiserlichen Zwillinge (948-975 BF) wohlgelitten. Nördlich einer Linie Harben–Perricum wird Knaster angebaut, eine bisweilen wilde Mischung der aus dem Süden stammenden Tabakpflanzen. Seine entspannende Wirkung ist schwach, sein Geschmack meist kratzig.