Aventurica Logo

Wüstenrandgebiete und Wüsten

Sengende Hitze und gleißendes Sonnenlicht am Tag, klirrende Kälte und ein grenzenloses Sternenzelt bei Nacht, zudem zu jeder Zeit ein steter, staubführender Wind prägen sowohl die Wüste als auch ihre Randgebiete. Es sind lebensfeindliche Landschaften, in denen dennoch erstaunlich viele Pflanzen gedeihen.

Wüstenrandgebiete
Die Wüste Khôm und das Kalifat, Die Lande der Tulamiden.

Namentlich: alle Randgebiete der Khôm, insbesondere der Südrand der Amhallassih-Kuppen, oberes Mhanadistan (westlich des Erkin), nördliches Szintotal, Gorische Steppe.

Wüstenrandgebiete bestehen aus hügeligen Kies— und Geröllwüsten, im Tulamidischen reg genannt, sowie aus tief eingekerbten Schluchten, Halden und Hitzeschuttflächen. Selten entspringen hier auch Quellen. Das Klima ist sehr heiß und staubtrocken, derweil die Nächte bitterkalt sind. Die beiden Regenzeiten des Jahres bringen starke Niederschläge und zeitweise Überflutungen, was die reg beinahe über Nacht erblühen und ergrünen lässt. Der bestimmende Wind ist auch hier der sanfte, nach Nordosten wehende Siral. Wolken bilden sich über den Wüstenrandgebieten nur selten.

Zwischen den teilweise scharfkantigen Steinmassen gedeihen einige genügsame Pflanzen, allen voran Mirhiban (tul.: ‚blühendes Haar’) ein mannhohes Gras mit dünnen Stängeln, die in verzweigten rötlichen Rispen auslaufen, aus denen sich im Sommer feine weiße Härchen bilden. Auch Kakteen haben sich ganz auf die extremen Bedingungen eingestellt. Recht häufig ist der Große Säulenkaktus. Er wird fünf Schritt hoch und trägt bis zu drei unregelmäßig emporgebogene Arme. Gefährlich ist der Mhanadische Schusskaktus, der dem vorgenannten sehr ähnelt, allerdings bei der leichtesten Berührung seine Dornen mitsamt Früchten verschießt. Auch der Kandelaberkaktus hat Arme, doch ist er insgesamt deutlich schlanker als der Säulenkaktus und hat oft über ein Dutzend solcher Seitentriebe. Er kann zwischen ein und drei Schritt hoch werden. Einen sprechenden Namen hat der Greisenkaktus. Statt Dornen bildet er spröden weißen Filz aus, der sich – hat man sich einmal darin verfangen – kaum lösen lässt. Der Ohrenkaktus wird mannshoch und erinnert in seiner Form an zusammengeklebte, grüne und dornenbesetzte Brotfladen. Ein Verwandter ist der Feigenkaktus, dessen fleischige Früchte recht schmackhaft sind. Melonengroß und kugelförmig ist der Igelkaktus. Er ist über und über mit spannlangen gelben Dornen besetzt. Darin ähnelt ihm der kindskopfgroße Streitkolbenkaktus, der gerne breite Kolonien mitten auf Wegen bildet. An stachelige Gurken erinnert der Skorpionkaktus. Seine Dornen haben Widerhaken, die sich kaum aus Stoff oder Fleisch lösen lassen. Der Schädelkaktus hat zahnartige Wurzeln und zwei Höhlen, in denen sich Blüten bilden. Fremde fühlen sich bei seinem Anblick häufig an ein Feld voller Totenköpfe erinnert, während Einheimische keine Ähnlichkeit erkennen wollen. Einer Kletterpflanze gleicht die Königin der Nacht, deren besonders schlanke, dornenbewehrte Triebe an Felsen und anderen Pflanzen emporranken. Ihre Blüten sind weiß mit lachsfarbenem Kranz, und sie öffnen sich erst zur Ingerimm— Stunde (22-23 Uhr, Nachtigallenstunde bei den Tulamiden).

Zwischen all den Kakteen gedeihen auch Sträucher wie Akazie, Agave, Palmlilie, Hibiskus, Sicheldorn, Steppenhexe und natürlich Wilde Rose. Salbei, Eselsdistel und Wermut finden hier ebenso ein Auskommen wie Immortelle und Wüsten-Beifuß. Letzterer kann bis zu zwei Schritt hoch werden und heißt bei den Novadis Schukschumach (Klapperschlangenbusch), da sich diese gerne in seinem Schatten aufhalten. Er hat gefiederte, weiß befilzte Blätter und kleine weiße bis rötliche Korbblüten, die einen strengen Geruch verströmen. Aus den getrockneten Pflanzen lässt sich ein Parfümöl destillieren, während frische Pflanzenteile traditionell zur Würzung von Bier genutzt werden. Die Königskerze (Fackelbraut) wächst besonders gerne auf Schutt und Geröll. Sie wird mannshoch und besitzt wollig behaarte Blätter, die rund um den Stängel und ineinander übergehend – von unten nach oben kleiner werdend – wachsen. Im Sommer blüht der Stängel mit Dutzenden daumengroßer gelber Blüten, die bei Bienen sehr beliebt sind. Unterarten sind die seltene Rote Königskerze, die noch höher wachsende Kaiserkerze mit schwarzen Staubfäden in gelben Blüten und das Güldenlandszepter, bei dem sich gelbe mit weißen Blüten abwechseln. Die Nachtkerze wurde nach ihrer Angewohnheit benannt, ihre Blüten erst abends zu öffnen. Vor allem in Chababien wächst der Rondrazahn (Speerblume bei Tulamiden, Erdenklinge bei Novadis), eine große Pflanze mit harten, schwertförmigen Blättern und blutroten Blüten, die an hoch aufgeschossenen geraden Stängeln sitzen und vielfach verzweige Blütenbündel bilden. Sie überstehen selbst Buschfeuer, weil sie tiefe Wurzelknollen besitzen.

Bäume wachsen nur selten in diesen Gefilden, und wenn doch einmal, dann sind es Zwergpalme oder Tamariske. Die Zwergpalme (Fächerplame) wird bis vier Schritt hoch und hat kurze gefiederte Wedel mit langen Stielen. Die Tamariske (Salzdattel) wird bis zu fünf Schritt groß und wächst als einziger Baum sowohl in der Steppe als auch in der Wüste. Ihre schuppenartigen Blätter scheiden Salz aus, was sie für Kamele kaum genießbar macht. Sie blüht in beiden Regenzeiten und ist dann über und über mit wunderschönen blassroten oder weißen Blüten bedeckt.

Wüste
Die Wüste Khôm und das Kalifat, Die Lande der Tulamiden.

Namentlich: Khômwüste und Gorische Wüste.

Die äußere Khôm stellt sich als reg (Kies— und Geröllwüste) dar, durchzogen von Schluchten, Wadis, Halden und Hitzeschutt. Der Großteil der Khôm – die innere Khôm – besteht aus erg, wie die Novadis die Sandwüste nennen. Endlose flache Sandflächen sowie wandernde Sanddünen prägen das Land. Die Gorische Wüste hingegen ist ein aus der Steppe ragender Tafelberg, bestimmt von nimmermüden sandigen Winden, Stürmen und bizarren Felsformationen. Auch hier ist es bei großer Trockenheit tagsüber sehr heiß und nachts eiskalt. Einzig in den beiden Regenzeiten ist mit ein wenig Niederschlag zu rechnen. Die Wüste Khôm und das Kalifat, Die Lande der Tulamiden. Namentlich: Khômwüste und Gorische Wüste. Raschtuls Atem, ein warmer, staubiger Wind, entspringt in der Mitte der Khôm und weht in nordöstlicher Richtung. Über der Wüste bilden sich keine Wolken.

Wüste Khôm

Die Ränder der Khôm werden von den Hängen der sie begrenzenden Bergketten geprägt. Hier herrschen Kies— und Geröllwüsten mit den im vorigen Kapitel genannten Pflanzen. Auch in weiten Teilen der übrigen Wüste gibt es spärliche Vegetation aus Savannengras, Steppenhexe, Dornbüschen, Kakteen, vereinzelten Tamarisken und Akazien. Sehr selten finden sich noch andere Überlebenskünstler, wie Al’Khadim (tul.: ‚ausdauernd‘), ein skurriler Strauch mit hellgrauem, verzweigtem Stamm. Seine dickfleischigen Blätter wachsen nur an den Astspitzen, sind rosettenförmig angeordnet, wächsern grau und länglich. Die Immortelle (bosp.: ‚die Unsterbliche‘) ist ein etwa zwei Spann großer Strauch, der überlebt, indem er überhaupt kein Wasser speichert und stets vertrocknet aussieht. Dies zeigt sich auch an seinen großen, vielblättrigen und gefüllten Blüten, die zwar farbenprächtig in rot, purpur oder blau erstrahlen, sich aber wie Stroh anfühlen. Einem ähnlichen Prinzip folgt die Rose von Nebachot, die die längste Zeit ihres Lebens einem distelartigen Knäuel von einem Spann Durchmesser ähnelt. Fällt doch einmal Regen, saugt sie sich voll und öffnet sich zu einem pfannengroßen grünen Teller mit einem silbern blühenden Stern. Ihre Samen reifen binnen einer Woche und verteilen sich über den stetig wehenden Wüstenwind. Der Lebende Stein wirkt wie ein einzelner gespaltener Stein, so dicht stehen die beiden dickfleischigen Blätter beieinander. Dringt Feuchtigkeit in den Spalt, treiben daraus moosartige Triebe, die schnell blühen und reifen.

In der Inneren Khôm, wie auch in der Gorischen Wüste überlebt keine Pflanze. Lediglich die Landkartenflechte krallt sich – wie auch im Ewigen Eis – beharrlich an manchen Felsen.